Geschichte aus dem Scrum-Leben: Der Product Owner hat es geschafft - nach ewigen Verhandlungen und Gesprächen hat er die Stakeholder und das Management endlich soweit, dass sie sich auf die Priorität der gesamten Features für ein Produkt geeinigt haben.
Stolz präsentiert er dann einen Velocity basierten Release-Termin, der einige Monate in der Zukunft liegt. Plötzlich wird es eisig. Der Manager verzieht das Gesicht und meint schnippisch: “Wie? So lange? Wir arbeiten doch mit Scrum. Ich dachte, damit sind wir schneller?!?!?!”
Dieses Missverständnis ist mir schon einige Male untergekommen. Nein, liebe Manager, wir sind agiler!
(Ok - damit dürfte jetzt auch klar sein, worauf ich hinausmöchte. Alle hyperventilierenden Scrum Practitioner können die Papiertüte wieder zur Seite legen. ;))
Bei Scrum- und Kanban ist die zutreffendste Umschreibung “wendig”. Scrum und andere agile Methoden propagieren ein iteratives Vorgehen. Statt wie bei klassischen Projekten immer das große Ganze zu erstellen, wird bei agilen Methoden alles in kleinere Teile geschnitten, die sukzessiv abgearbeitet werden. Damit versetzen wir unsere Teams in die Lage, immer wieder etwas zu liefern. Und ja: Erste Ergebnisse auch tatsächlich schneller zu liefern – aber eben nur die ersten Teile des Ganzen.
Jede Lieferung erntet Reaktionen von Kunden oder vom Markt – und gleichzeitig neue Impulse zur Kursänderung, wenn nötig. Wir werden insgesamt beweglicher und wendiger.
Viele agile Ansätze – so auch Scrum – beinhalten außerdem Elemente aus dem Bereich “lean”. “Lean” bedeutet “schlank, fettarm / fettfrei, physisch dünn”. Also weg mit dem Speck!
Für die tägliche Arbeit heißt das ein permanentes Bestreben, unnütze, belastende Elemente loszuwerden. Wir vermeiden Müll (“waste”). Durch ständiges “inspect and adapt” wird alles auf Diät gesetzt.
Das geschieht, indem z.B. der PO kontinuierlich die Features im Backlog auf Kosten/Nutzen prüft: Wenn es sich nicht mehr lohnt, weitere Features zu entwickeln (entweder weil Kunden sie nicht benötigen oder weil der Umsetzungsaufwand den Nutzen überwiegt), werden sie nicht realisiert.
Das steht im starken Kontrast zum Wasserfall und einem stumpfen A-bis-Z Ansatz. Bei Lean wird nur das implementiert, was tatsächlich gebraucht wird.
Auch das Team überprüft kontinuierlich seine Arbeit auf Probleme im Prozessfluss oder Qualität. Stockt die Arbeit? Gibt es Engpässe? - Ausräumen. Haben wir Bugs in der Software? - Automatisches Testen und TDD.
Schritt für Schritt werden wir schlanker.
Mit Scrum sind wir also wendiger und schlanker - und im Endeffekt schließlich auch schneller. Wir treffen schnellere Entscheidungen und die Teams liefern mehr und bessere Features. Dabei können auch erhebliche Streuverluste vermieden werden.
Aber sich an dieses Ideal heranzutasten braucht Zeit. Wir müssen das alte Fett erst loswerden und unsere steifen Gelenke reaktivieren, um schneller zu werden. Schließlich läuft auch kein Untrainierter einen 100m-Weltrekord, bloß weil er neue Schuhe trägt.
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