7. Oktober 2016

Kanban beim Einkaufen: Der Drogeriemarkt bleibt im Fluß

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Neulich wieder im Drogerie-Markt, man kennt das: Genau in dem Moment, in dem man mit seinen Siebensachen in den Gang zur Kasse einbiegt, füllt sich die Kasse. Statt ein, zwei Leuten stehen da plötzlich 6 oder 7. Das dauert länger, denkt man sich, doch die Kassiererin ist aufmerksam und klingelt sofort nach ihrer Kollegin. Die kommt, macht die zweite Kasse auf und kassiert drei oder vier Leute ab. Schon hat sich die Schlange wieder aufgelöst, die eingesprungene Kassiererin schließt die Kasse wieder und kehrt zurück zu dem Regal, in dem sie begonnen hatte, neue Ware einzuräumen.
Willkommen im stinknormalen Alltag. Aber auch: Willkommen in einem Kanban-System.
Nun werden die Angestellten meines Drogeriemarktes relativ sicher noch nie etwas von Kanban gehört haben. Und dennoch könnte man die Episode auch wie folgt beschreiben:
Alarm im Kanban-System: In der Priority Lane „Abkassieren“ hat sich ein Engpass gebildet, das WIP-Limit wird deutlich überschritten! Die Mitarbeiterin, die eigentlich am Task „Regale bestücken“ arbeitet, springt ein, um an der Station „Kasse“ den Durchsatz zu erhöhen. Schon nach kurzem Einsatz löst sich die Warteschlange auf, der Flow ist wieder hergestellt und alle Tickets (aka „Kunden“) können in einer guten Durchlaufzeit den Markt passieren. Die Mitarbeiterin kehrt zurück zum Regal: Solange der Großteil der Waren eingepackt vor dem Regal auf dem Boden steht, ist noch kein echter Wert geschaffen.

Mein Drogeriemarkt macht #Kanban. Er weiß nur nichts davon.

Natürlich: Die Umgebungen, in denen Lean Kanban bewusst eingesetzt wird, sind meist deutlich komplexer und anspruchsvoller als ein Drogeriemarkt. Aufgabentypen in der Wissensarbeit sind wesentlich vielfältiger und unterschiedlicher als der Weg eines Kunden, und im Gegensatz zum Standard-Workflow eines Einkaufs müssen die Lösungswege in vielen Lean Kanban-Systemen überhaupt erst erarbeitet werden.
Doch es ist ein gutes Bild, das wichtige Prinzipien des Kanban veranschaulicht und erklärt. Etwa das explizite Limit an der Kasse: Einige Meter vor der Kasse hängt in meinem Drogeriemarkt sogar eine Klingel von der Decke. Sie ist die klare, definierte Grenze. Wird die Schlange länger, ist eine zweite Kasse angebracht.
Zudem wird deutlich, wie wichtig es ist, einen entstehenden Stau frühzeitig aufzulösen. Selbst wenn die zweite Mitarbeiterin durch ihren Wechsel vom Regal zur Kasse eine gewisse Menge „waste“ produziert – der Weg vom Regal zur Kasse und zurück und die Dauer des Auf- und Abschließens der Kasse – ist die Sache dennoch in wenigen Minuten erledigt, der Aufwand war für sie gering. Sie kann wieder ihrer ursprünglichen Arbeit nachgehen, ihre Kollegin an der Kasse ohne Druck einen Kunden nach dem anderen abkassieren. Das System fließt.
Denn das macht uns die Episode aus dem Drogeriemarkt ganz anschaulich: Den Wert des Flow. Produkte einsammeln, aufs Kassenband legen, bezahlen und einpacken – alles erledigt, war da was? Das ist Flow. Und der ist das Ziel von Kanban.

 

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