„Das hat alles nichts mit mir zu tun“, höre ich eine ehemalige Kollegin sagen, als das Gespräch auf’s agile Arbeiten kommt. Sie arbeitet im Engineeringbereich, muss man wissen. Als ich bei ihr nachhake, ob sie denn nicht auch von der Digitalisierung betroffen sei, antwortet sie hingegen mit einem „Aber klar doch, natürlich!“.
Unser Beispiel zeigt, dass hier scheinbar Missverständnisse vorliegen. „Das ist doch nur etwas für Leute aus der Softwareentwicklung“ ist wohl das bekannteste Vorurteil gegen die Agilität. Hinterfragen wir dieses Vorurteil doch mal schrittweise. Was ist dran am (für manche auch heute noch) „newest shit“?
Die Arbeitswelt von heute sieht sich schon lange konfrontiert mit – nun ja – sich selbst. Oder zumindest dem Gefühl, nicht schnell genug zu sein. Hat ein anderer schon erfunden, haben andere schon gelöst – und wo bleiben wir? Unternehmen verschiedenster Branchen müssen sich nicht erst seit heute mit Themen auseinandersetzen, die längst mehr als Buzzwords geworden sind: Digitalisierung, Kundenzentrierung, Globalisierung.
Was all diese Punkte miteinander verbindet ist eine Anforderung, die in vielen Unternehmen als lästiger Druck empfunden wird, dem sich jedoch mit Gegenwehr nicht entgegenzusetzen lohnt: Wir müssen schneller werden. Dieser Dynamik aus Digitalisierung und Globalisierung kann man nicht mit starren Prozessen begegnen, sondern man kann eine Dynamik nur mit Flexibilität „in den Griff kriegen“.
Auch wenn Digitalisierung in allermunde ist: Was ist das eigentlich genau? Veränderungen von Prozessen, Objekten und Ereignissen, die bei einer zunehmenden Nutzung digitaler Geräte erfolgt. Veränderung also. Und genau das ist der Kernpunkt. In einer sich verändernden Welt muss jedes Unternehmen adaptieren können. Sich anpassen, um zu überleben. So wie Darwin dies bereits im größten dynamischen Feld, der Evolution, beschrieb.
Und nichts anderes ist das agile Arbeiten. Es geht darum, in kleineren Zyklen zu denken, um Verschwendung so gering wie möglich zu halten. Zwischendurch zu beobachten, ob das, was ich tue, auch noch auf das Ziel führt. Ob das Ziel noch das gleiche ist. Eben Inspect and Adapt.
Den Kunden in den Fokus zu stellen ist zwar absolut nicht neu – doch wie oft wird dieser im planerischen Gefecht hin und wieder vergessen?
Überprüfen wir ritualisiert unser Tun, also ob es dem Kunden noch nützt, haben wir weniger Verluste. Schließlich ändern sich die Kunden, die Bedürfnisse, die Umstände tagtäglich. Und hier in der Spur zu bleiben und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren – klingt doch sinnvoll?
Bislang kommt in unserem Gedankengang noch keine Softwareentwicklung vor. Und genau darum geht es. Während Evolution nicht zwangläufig etwas mit Affen zu tun hat, sondern lediglich die stetige Veränderung beschreibt, so hat agiles Arbeiten nur insofern etwas mit Software zu tun, als dass im Jahre 2001 siebzehn IT’ler diese Dynamik zuerst erkannt und die Rahmenbedingungen agilen Arbeitens in ein agiles Manifest formuliert haben.
Das heißt, alle Arbeitsgebiete können von der IT lernen – denn die Agilität ist keinesfalls auf diese beschränkt! Produkte oder Services in kurzer Zeit auf den Markt bringen und das genau auf den Kunden abgestimmt – wollen wir doch eigentlich alle. Die Werte, welche das agile Manifest beschreibt, sind schließlich universell anwendbar:
Dies sind nur ein paar Beispiele, die zeigen, wie wichtig diese ritualisierten Selbstreflektionen für Unternehmen sind. Doch das Ganze ist keineswegs unorganisiert. Auch Selbstorganisation in Teams heißt nicht, dass eine Führung obsolet wird. Das häufig auftretende Phänomen während agiler Transitionen ist die Angst (gerade des mittleren Managements) an Kontrolle und an Aufgaben zu verlieren. Aber heißt denn Führung zwangsläufig, Vorgaben zu machen? Führung ist auch Unterstützung. Man kann also diese Führungspersonen nicht als Diktator, sondern als Gärtner sehen. Nein, nicht weil er immer der Mörder ist, sondern er sorgt sich um alle Pflanzen. Sie wachsen nicht einfach schneller, weil er als Person da ist. Aber er kann Rahmenbedingungen schaffen, in denen ein Wachstum möglich ist. Und genau das ist Leadership im agilen Sinne. Ohne Führung ist eine agile Transition nicht möglich. Denn sie braucht Menschen, die diesen Wandel begleiten, Bedenken ausräumen und den Weg ebenen. Die Mitarbeiter wachsen dann ganz von alleine (und über sich hinaus).
Agilität beruht auf einem Konglomerat an Werten. Beispielsweise Einfachheit, Feedback, Mut und Respekt. Was hört man manchmal aus dunklen Ecken? Diese ganzen Werte, ja überhaupt eine rein wertebasierte Zusammenarbeit, seien viel zu gefühlsduselig? Nein, denn Vertrauen heißt auch Leistung zu bringen. Jeder muss zeigen, was er kann und abliefern. Denn wenn ein Kollege im Team gute Arbeit macht, wird er geschätzt und ihm wird vertraut. Der einzige Unterschied: Vertrauen wird nicht durch Überstunden erkauft, sondern wird einfach vorausgesetzt: Jeder tut zu jeder Zeit das ihm gerade bestmögliche. Ist doch ganz einfach, oder? (Hier könnt ihr lesen, was Agilität mit mir so gemacht hat.)
Knallhart also diese Agilität. Aber ganz einfach. Und nicht nur was für Nerds. Sondern eigentlich jede Branche, in der Menschen miteinander arbeiten. Also auch eure Branche.
Was, ich weiß ja nicht, in welcher Branche ihr arbeitet? Na eben.
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