19. Dezember 2013

Von der Kunst sich zu freuen, das Unwichtige nicht zu machen

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Nun ist uns von Marissa Mayer, als Vorstandsvorsitzende von Yahoo die Grande Dame der IT-Welt, nicht bekannt, wie sie zu agilen Prinzipen steht. Derzeit findet sich in einigen Blogs jedoch ein interessantes Zitat zu ihrer eigenen Philosophie des Task Managements:

„She [an advicing friend] said, ‘Look, I just make a to-do list every day in priority order from most important to least important and celebrate the fact that I’d never get to the bottom of it, because if I did, I would have spent a bunch of time doing relatively unimportant things.’
I thought that was really profound; a lot of people say, ‘Gosh, I’d never get it all done’, and when they see all the work they could never get done, they get really overwhelmed by it.
But the other thing you could do is just embrace it. That frame of mind really has helped me because there are times when I’m like, ‘wait, I’m kind of looking at something unimportant. Should there be something else higher on my to-do list?’“ 

Nun sind klassische To-Do-Listen nicht gerade Symbol für Agilität, doch die von ihr beschriebene Praxis zeigt interessante Aspekte des agilen Alltags.
Da wäre zunächst das Prinzip der Priorisierung: Aufgaben nicht nach ihrer Größe oder ihrem Thema sortieren oder gar beschließen, „den ganzen Kleinkram“ zuerst weg zu schaffen, sondern eben genau und ausschließlich die wichtigsten Aufgaben zuerst.
Dazu gehört auch die permanente Frage, was im jeweiligen Moment am Wichtigsten ist – das heißt auch die Überprüfung bestehender und Einsortierung neuer Aufgaben. Jeden Tag eine neue Liste zu schreiben gewährleistet diese permanente Überprüfung – auch wenn man sich fragen mag, ob es sich denn lohnt all diese „unwichtigen“ Dinge mit niedriger Priorität immer wieder auf neue Listen zu übertragen. Nun darf man aber wohl im Falle Marissa Mayer getrost annehmen, dass sie ihre To-Do-Liste nicht mit der Hand schreibt und daher wohl nicht all zu viel Zeit und Gedanken auf diese Dinge vom Ende der Liste verwendet.
Zentraler ist daher die Idee, dass nicht alles getan werden muss, was einem jemals in den Sinn kam. Und dass es eine Kunst ist, Dinge weg- oder gar auszusortieren. Einerseits ist dies eine logische Folge konsequenter Priorisierung: Wer das Wichtigste hervor hebt, schiebt automatisch das Unwichtige zur Seite. Aber es ist eben auch eine Frage des Bewusstseins, diese Dinge nicht als „nicht geschafft“ zu bezeichnen, sondern zu sehen, dass man seine Zeit und Energie bewusst für die wichtigeren Dinge verwendet hat. Oder wie Marissa Mayer es formuliert: Es muss ein Grund sein zu feiern, dass man seine Zeit nicht mit den relativ unwichtigen Dingen vergeudet.
 
Letztlich, so scheint mir, ist es aber einfach eine Frage der Bezeichnung: Die To-Do-Liste stammt aus der klassischen Planungsmentalität und postuliert damit den Anspruch, einen festen Plan zu machen und diesen bis zum letzten Punkt abzuarbeiten, bevor man einen neuen Plan macht. Die Empfehlung, die Marissa Mayer einst bekam, bricht diesen Punkt bewusst auf und überrascht so.
Bezeichnen wir diese priorisierte Liste jedoch als Backlog oder Input Queue im agilen Sinne, ist dieses Verhalten gar nicht mehr überraschend: Natürlich arbeite ich jeweils nur die Spitze des Backlogs ab, natürlich entwickelt sich das Backlog und füllt sich mit neuen, wichtigen Aufgaben. Und natürlich gibt es deshalb Aufgaben, die  auf Dauer in den Niederungen des Backlogs vor sich hin vegetieren, bis man sich ein Herz nimmt und sie entsorgt.
Nun wissen wir zwar immer noch nicht, ob Marissa Mayer sich bewusst zu Scrum oder Kanban bekennen würde. Aber wir wissen: Das agile Prinzip eines lebendigen Backlogs hat sie eindeutig verstanden!

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